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Kirchen sind Veranstaltungs- und Meditationsräume für ruhenden und
andauernden Aufenthalt. Dazu müssen sie über eine Heizanlage
verfügen.
Da die alten Kirchengebäude schwer zu heizen sind ergibt sich,
dass Kirchen nicht mollig warm geheizt werden sollen:
- sie sind
Energieschleudern, weil Wärmedämmung fehlt
- sie sind Energieschlucker, weil das Raumvolumen nach
oben und die Baumasse riesig sind
- sie sind Energiefresser, weil sie
selten genutzt werden und daher immer zuvor ausgekühlt sind
- sie sind, weil
traditionell der Mantel nicht ausgezogen wird, im Winter rasch zu warm
-
sie sind thermisch unbehaglich, weil kalte Mauern und warme Heizkörper für
Wärmedifferenzen sorgen und weil die Raumhöhe für Kamineffekte und damit für
Zugluft sorgt.
Die traditionelle Schlussfolgerung: Kirchen sollen
möglichst wenig geheizt werden! Die landeskirchliche Vorschrift lautet: Nicht
über 16 °C! Böse Zungen behaupten: In der Kirche soll man Haltung bewahren und
dazu darf es ja nicht zu gemütlich sein.
Moderne Gottesdienste verlangen andere klimatische Verhältnisse:
- Der Mantel
wird ausgezogen, denn Menschen sollen sich begegnen und sich öffnen, sich
bewegen und sich frei fühlen.
- Der Aufenthalt wird verlängert durch Formen
gemeinschaftlichen Kirchenkaffees und Anderes.
- Gottesdienst soll auch
thermisch behaglich sein, weil ganzheitlich gefeiert wird und nicht nur auf
das Hören des Wortes beschränkt.
Die moderne Schlussfolgerung lautet daher oft: Die
traditionellen Kirchenräume taugen nicht für diesen Gottesdienst. Moderne
Gottesdienste finden häufig in Gemeindehäusern oder Hallen statt.
Auch die Heizung der Kirche ist ein Bauteil mit Auswirkungen auf die Liturgie! Die kühle
Mantelkirche unterstützt den traditionellen Gottesdienst. Viele moderne
Gottesdienste erwarten dagegen eine behagliche Kirche.
Die Entscheidung über
das Heizsystem wird freilich häufig durch die Gebäudesubstanz vorgegeben:
Behaglichkeit im modernen Sinn geht in alten Kirchen nicht und ist ökologisch
unverantwortlich.
Im Folgenden wird das Thema Heizung
daher darauf beschränkt, wie alte Kirchen auf die 16 °C gebracht und vor allem
die Gottesdienstteilnehmer möglichst behaglich da sein können. Die
Heizung moderner Gebäude ist hier nicht zu besprechen, weil es dafür wenig
Kirchentypisches zu erwägen gibt.
Weil die Kirche nicht isoliert ist und vor dem Heizen ausgekühlt, werden die
Wände in der Regel kalt sein und kühl bleiben. Daher muss die Wärme möglichst
nahe bei den Menschen entstehen und diese einhüllen. Um einhüllen zu können,
darf die Wärme nicht durch Luftströme fort und nach oben gerissen werden.
Kirchenheizungsanlagen verfolgen daher durch ihre Anlage zwei Ziele:
- Die
Wärme entsteht unmittelbar am Menschen.
- Die Luft muss ruhig gehalten werden.
Die Entstehung der Wärme
unmittelbar am Menschen wird erreicht durch
Heizgeräte unter der Sitzfläche, unter Fußbänken und im Boden. Eine seltene
Möglichkeit ist das Abstrahlen der Wärme von oben. Auch dabei kann die Wärme am
Menschen entstehen, wenn die Wärme nicht durch die Luft weitergeleitet wird,
sondern durch Strahlung (diese Möglichkeit wird öfter in Turnhallen
verwendet).
Soll
die Wärme unmittelbar am Menschen entstehen, dann kann die Heizung nur eine
Heizung mit elektrischem Strom sein. Eventuell kommen teilweise auch andere
Brennstoffe in Frage (für Nebenräume und Fußbodenheizungen). Die Heizung mit
elektrischer Energie ist ökologisch betrachtet zwar nachteilig, andererseits
profitieren Kirchenheizungen von dem Vorteil, dass sie immer dann zur Nebenzeit
heizen, wenn im Stromnetz überschüssige Energie vorhanden ist (Sonntag,
Vorheizen nachts, früher Morgen). Die Energieversorger bieten daher besonders
günstige Kirchenstromtarife an.
Neben Bankstrahlern gibt es seit 2005 eine
Niedervolt-Sitzkissenheizung der Firma efg . Der
Energieverbrauch dürfte konkurrenzlos niedrig sein. Breite Erfahrungen über
Wohlfühlqualität des Raumes stehen aber noch aus.
Die Luft ruhig zu halten wird erreicht durch:
- eine über den
ganzen Raum möglichst gleichmäßige Wärmeentwicklung. Nicht punktuell stark,
sondern auf der Fläche mäßig wird erwärmt (viele Einzelgeräte oder
Fußbodenheizung). Dazu gehört, dass auch dort geheizt wird, wo niemand sitzt
(unbesetzte Teile des Gestühls, Chorfußboden, usw.), damit nicht unangenehme
Luftumwälzungen entstehen.
- eine Beheizung der Fensterunterkante. Weil kalte
Luft absinkt und warme Luft steigt, ergibt sich leicht eine Wind, wenn Luft an
den Fenstern abkühlt, nach unten ins Schiff strömt, in der Gemeinde erwärmt wird
und dadurch mittig in der Kirche aufsteigt. Die Gemeinde bekommt bei diesem
Kreislauf ausgerechnet die kalte Luft ab und wird der warmen Luft beraubt.
-
eine Beheizung der Türeingänge im Fußboden (Wärmevorhang, auch bekannt von
Kaufhauseingängen). Wenn im Türbereich ein Warmluftstrom aufsteigt, dann wird
damit verhindert, dass die warme Luft aus dem Innenraum als Ganze nach außen
wegzieht.
- eine fein
gesteuerte Regelung, die aprupte Temperaturschwankungen meidet. So wird
vermieden, dass durch starke Temperaturungleichheiten Luftzug entsteht.
Bedientableau
Bei neueren Heizanlagen kann die Heizungssteuerung
in ein komplettes Bedientableau für alle elektrischen Anlagen integriert werden.
Auf einem Kirchengrundriss sind die Schalter für Heizung, Beleuchtung, Glocken,
Leinwand und Tonanlage ihrem Ort zugeordnet, dass alle weiteren
verwirrenden Beschriftungen entfallen.
Messfühlersteuerung
Eine
Selbstverständlichkeit moderner Heizungsanlagen zieht auch bei der
Kirchenheizung ein: Messfühler werden an verschiedenen Stellen angeordnet
einschließlich einer Messung der Außentemperatur. Daraus werden dann per
Computer die idealen Heizwerte ermittelt und gesteuert.
Feuchtigkeitsregelung
Vor
allem in feuchtigkeitsanfälligen und mit wertvollen Denkmalen ausgestatteten
Kirchen kann eine Feuchtigkeitsregelung nützlich sein.
Zeitschalter
Die früher oft üblichen Gänge des Personals zum Vorheizen
entfallen heutzutage, weil die Heizungen über Wochen oder gar das ganze Jahr
vorprogrammiert werden können. Außerdem sorgen Zeituhren dafür, dass
versehentlich nicht abgestellte Heizungen nach einiger Zeit ausgeschaltet
werden.
Fußbodenheizungen dringen zunehmend im Kirchenbau an die Stelle der ersten
Wahl. Sie finden überall dort Anwendung, wo große freie Flächen sonst unbeheizt
bleiben müssten. Solche Flächen finden sich meist im Altarbereich, häufig im
Chor und generell in Kirchen, die kein feststehendes Gestühl haben.
Fußbodenheizungen verursachen wenig Luftströmung, weil sie großflächig arbeiten
und mit niedrigen Temperaturen. Sie erzeugen gute Behaglichkeit, weil die sie
eine große Oberfläche warm werden lassen.
Fußbodenheizungen gibt es als
Warmwasserheizungen, die durch eine zentrale Heizanlage im Gebäude betrieben
werden (Gas, Öl, Fernwärme). Fußbodenheizungen gibt es daneben auch elektrisch.
Dazu werden Kabelnetze im Fußboden verlegt.
Auf jeden Fall muss bei einer
Fußbodenheizung der Fußboden zum Erdreich hin isoliert werden. Fußbodenheizungen
müssen immer mehrere Stunden vorgeheizt werden, weil sie sehr indirekt über die
Bodenplatte wirken. Je dünner die beheizte Bodenplatte ist, umso weniger träge
wird die Heizung.
In alten Kirchen ist bei der
Entscheidung über den Einbau einer Fußbodenheizung zu bedenken, dass der alte
Fußboden herausgerissen werden muss und außerdem für die Isolierung das
Erdniveau tiefer gelegt werden muss (dabei Möglichkeit, in archäologisch
interessanten Boden zu stoßen).
Heizteppich
Für Orte,
wo gezielt ein warmer Fußboden gewünscht wird (z.B. Krabbelbereich für Kinder),
können flexible Heizteppiche verwendet werden. Sie werden einfach auf dem
Fußboden ausgelegt.
Fußleistenheizkörper
Bei diesen Heizkörpern handelt es sich um
Konvektoren, die für aufsteigende Luft an den Wänden sorgen.
Heute werden fast nur noch Heizungen angeboten, die unter der Sitzfläche an
Kirchenbänken montiert sind. Sie haben gegenüber den früher üblichen Heizungen
unter Fußbänken den Vorteil, dass der Abstand zu Holzteilen größer sein kann und
dass die Wärme mehr in der Körpermitte ankommt. Kopf und Fuß werden nicht
überhitzt.
Für die
Bankheizungen kommen beide grundsätzlich verschiedenen Heiztypen in Frage, die
technisch denkbar sind, a) die Heizung über Strahlung (Strahler) und b) die
Heizung durch Erwärmung der Luft (Konvektoren).
Infrarotstrahler sind technisch den bekannten Heizstrahlern zum
Aufstellen ähnlich. Moderne Kirchenheizungen werden allerdings lieber
großflächiger und dafür nicht so heiß betrieben. Sie werden nicht mehr glühend
rot.
Infrarotstrahler strahlen die
Wärme ab an alle umgebenden Begrenzungsflächen: Es erwärmt sich also der
Fußboden von oben, die Sitzfläche von unten und die Hosenbeine von hinten bzw.
vorn. Die bestrahlten Flächen erwärmen die anliegende Luft und diese verteilt
sich dann nach oben.
So genannte Niedrigtemperatur-Konvektoren arbeiten nach dem Prinzip der Wärmeübertragung an die Umgebungsluft. Konvektoren haben eine große Oberfläche durch feine Riffelung, damit viel Luft anliegt und erwärmt werden kann. Die warme Luft strömt weg und dann wird die nachziehende Luft erwärmt usw. Die Oberflächentemperatur von Konvektoren ist niedriger als die Temperatur von Heizstäben bei Infrarotstrahlern. Daher sind sie für besonders empfindliche Gestühle empfehlenswert. Sie sind jedoch weniger leistungsfähig als Strahlungsheizungen (die ja auch Luft erwärmen), weil sie langsamer erwärmen und weniger flexibel dosiert werden können. Außerdem bleiben bei Konvektoren die Füße eher kalt.
An Fenstern muss vermieden werden, dass kalte Luft am Fenster herabsinkt. Um ansteigende Luft gegen Fallströme zu setzen, sind Konvektoren unmittelbar unten am Fenster das Mittel der Wahl. Bei Heizkörpern an den Wänden werden diese aus demselben Grund stets unterhalb der Fenster angeordnet.
Im Türbereich sind zum Einen Windfänge unverzichtbar. Zum andern sollen zusätzlich Heizgeräte im Fußboden für einen aufsteigenden Luftstrom unmittelbar hinter der Türöffnung sorgen. Weil es um einen Luftstrom geht, sind Konvektoren die richtigen Geräte.
Wo immer es denkmalschutzrechtlich machbar ist, dass Kirchen isoliert werden können, muss dies geprüft werden. Auch Buntglasfenster können durch äußere oder innere Vorsatzverglasungen erheblich dichter, wärmer und zugleich geschützter werden. Wärmedämmungen an den Wänden können in verputzten Kirchen angebracht werden. Dabei ergibt sich bereits eine spürbare Verbesserung, wenn nur die unteren 2 Meter der Wand gedämmt werden (vgl. die im Barock manchmal üblichen Holzverschalungen).
Viele Kirchen sind für die gottesdienstliche Gemeinde zu groß. An einigen
Orten hat man daher schon so genannte "Winterkirchen" gebaut, d.h. Raumteile
ausgezont und ordentlich beheizbar gemacht. Dafür eignen sich Räume unter
Emporen, der Chor oder eine Krypta sowie angrenzende Anbauten, Vorhallen, große
Sakristeien, Untergeschossräume oder Dachböden.
Raumteiler können hoch transparent sein und gegebenenfalls
auch öffenbar. Die Winterkirche sollte isoliert sein, muss aber nicht. Bereits
die Verkleinerung des heizbaren Raumvolumens erspart einen großen Teil der oft
immensen Heizkosten.
Kirchendächer sind oft durch ihre großen ungestörten Dachflächen ideale
Träger für Sonnen-Energie-Systeme. Da in Kirchen kaum Warmwasserbedarf besteht,
ist dabei besonders an Photovoltaikanlagen zu denken. Allerdings haben die
Kirchen meistens dann keinen Energiebedarf mehr, wenn die Photovoltaik am
meisten Energie liefert. Die Anlagen werden daher in der Regel den Strom ins
Netz einspeisen.
Die zentrale Stellung
vieler Kirchendächer im Ortsbild hat in diesem Zusammenhang ambivalente
Bedeutung: Einerseits kann eine Photovoltaikanlage so ein wirksameres Symbol für
lokale Energiegewinnung sein, andererseits fallen gestalterische
Problematiken stärker ins Gewicht - von Denkmalschutzbelangen ganz zu
schweigen.
• Überprüfen Sie kritisch Ihren Belegungsplan: Was muss
in der kalten Jahreszeit wirklich in der großen Kirche stattfinden?
• Lassen
Sie sich nie einreden, dass das Aufheizen einer ausgekühlten Kirche mehr Energie
verbrauche als die Kirche durchzutemperieren! Jede Temperaturabsenkung in
Nutzungszwischenräumen macht sich bezahlt. Auch ist eine kurze Vorheizzeit
energiesparender als eine lange allmähliche.
Für ein längeres Vorheizen kann
aber sprechen, dass dann die Behaglichkeit im Raum verbessert wird, weil die
Raumluft zwar schnell erwärmt ist, die Umgebungsflächen aber sich nur langsam
erwärmen. Kalte Umgebungsflächen (Wände etc.) strahlen ihre Kälte ab und in
Verbindung mit der warmen Raumluft ergibt sich eine Temperaturdifferenz, die
unangenehm empfunden wird (außerdem: Luftbewegung wird dadurch
stärker).
Beiden Seiten kann Rechnung getragen werden, indem die
Bereiche, in denen die Gemeinde sitzt (Bankheizungen) mit dem Vorheizen
beginnen. Andere Bereiche (Windfänge, Fenster, Chorbereich, usw.) können dann
später zugeschaltet werden um die Luftbewegung zu bremsen.
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