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Gestühl | Bearbeiter: Gunther Seibold |
Der gegenwärtige Trend:
Mehr Freiraum statt festgelegter Flächen durch Bänke, Ersatz von Bänken
durch bewegliches Mobiliar.
Der Grund ist deutlich: Neue
Gottesdienstmodelle zeichnen sich aus durch Erfindungsreichtum in den Formen.
Dabei wird auch der Raum einbezogen durch wechselnde Orientierungen oder durch
eine Bewegung der ganzen Gemeinde. Je nach Gottesdienstgestalt soll die Gemeinde
auf einen zentralen Punkt ausgerichtet sein (z.B. Medieneinsatz) oder sich
beispielsweise in Gruppen gegenüber sitzen. Dazu ist ein bewegliches Mobiliar
erforderlich.
Stühle erlauben auch Lücken zu stellen für das Aufstellen von
Sprechern, Geräten und anderem. Sie machen eine variable Platzzahl möglich, weil
Abstand und Reihenweite flexibel sind.
Freilich haben auch feste Bankreihen Vorteile: Sie vermitteln Beständigkeit und Halt. Sie zeugen von der
Gemeinschaft, weil sich viele eine Bank teilen. Sie stehen stabil und immer
bereit, während Stühle Mehrarbeit verursachen und oft nach der
Veranstaltung ordentlich ausgerichtet werden müssen. Bankreihen können enger
besetzt werden als Stühle, weil sie ein dynamisches Zusammenrücken erlauben.
Bänke sind auch leiser, während Stühlerücken für Lärm sorgen kann. Wo eine
Kniebank zum Gestühl gehören soll, sind Stühle nicht geeignet, weil weder hinten
an die vordere Reihe angehängte noch einzeln stehende Kniebänke gut aussehen und
ordentlich handhabbar sind.
Einen Kompromiss können Stuhlsysteme
bilden, die sich zu Reihen fest verbinden lassen. Allerdings sind auf diese
Weise in der Regel nur gerade Reihen machbar. Außerdem bleiben auch diese Reihen
etwas flexibel und sind nach Gebrauch öfter neu auszurichten. Beim Kauf
ist darauf zu achten, wie stabil die Verbindungen sind, wie leicht sie sich
herstellen und lösen lassen und wie störend sie bei Verwendung von Einzelstühlen
sind.
Gestühle kamen erst mit der mitteleuropäischen Ständegesellschaft in den Kirchenraum. In
der Orthodoxie des Ostens sind Stühle bis heute unüblich bzw. als
nachträgliche Zusätze erkennbar.
Die Gestühle dienten einerseits der
Bequemlichkeit, indem sie das lange Stehen ersparten. Andererseits ermöglichten
Gestühle bleibende Sitzplätze. In manchen Kirchen sind heute noch
Sitzplatznummern oder Steckplätze für Namenschilder
sichtbar. Kirchenordnungen legten fest, wieviel für welchen Platz zu
bezahlen war. Das Geld wurde gebraucht, um die Bauunterhaltung finanzieren zu
können. Die Sitzordnung in der Kirche konnte in diesem System zum Abbild der
Ständeordnung einer Gemeinde werden. Viele Jahrhunderte lang waren Frauen und
Männer in den Kirchen in verschiedene Bankbereiche geschieden. Die nobelsten
Herren saßen vorne und oben, die rangniedrigsten Frauen unten und hinten.
Die Gestaltung des
Gestühls nahm die verschiedensten Formen an, meistens entsprechend
der architektonischen Zeitvorstellungen. Waren Gestühle im 18./19. Jh. sehr kompakt gruppiert,
teilweise mit Absperrungen am Einstieg und mit Schamwand vor der ersten Reihe, so
wurde in neuerer Zeit eine luftigere Anlage gesucht. Die Farbigkeit
entwickelte sich entsprechend: Da sind die naturbelassenen Hölzer in dunkler
oder heller Farbe, dazu kommen gestrichene Bänke von weiß bis dunkelgrau.
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