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Altartisch: Ort der Abendmahlsfeier Autor: gs

Theologische Überlegungen:

Die protestantische Liturgie kennt eigentlich keinen "Altar", denn ein "Altar" ist ein Ort zur Darbringung eines Opfers. Für Martin Luther war es der wichtigste Gedanke bei der reformatorischen Gottesdienstreform, dass im Gottesdienst eben gerade kein Opfer mehr zu bringen sei. Die Gemeinde bringt kein Opfer dar, sondern empfängt vom ein für allemal geschehenen Opfer Christi her in Wein und Brot die Vergebung der Sünden. Das Abendmahl erinnert an den Tisch, um den Jesus saß und an dem er die Worte des Abendmahls sprach. Daher steht in der Mitte des evangelischen Abendmahls ein Tisch und kein Altar.
Durch die alttestamentliche und volkssprachliche Prägung hat sich trotzdem die Bezeichnung Altar erhalten. Dazu kommen die noch vorhandenen Altäre aus vorreformatorischer Zeit, die in vielen Kirchen die Bezeichnung Altar kunstgeschichtlich korrekt machen. So wird häufig vom "Altar" in evangelischen Kirchen gesprochen, obwohl das theologisch-liturgisch falsch ist. Die Bezeichnung "Abendmahlstisch" ist die richtigste. In Aufnahme der Tradition kann ein alter Altar auch "Altartisch" heißen.

Ort:

Der Abendmahlstisch gehört zusammen mit Taufstein und Predigtstelle zu den drei so genannten "Prinzipalstücken" des liturgischen Kirchenraumes, d.h. zu den erstrangigen Ausstattungsgegenständen neben Kanzel und Taufstein.
Ihre Anordnung war immer wieder Gegenstand programmatischer Überlegungen. Im hochkirchlichen Bauen lag der Altar als Ort des Christussakramentes zentral im "heiligsten" Raum, d.h. nach Osten im Chor. Folge dieses Denkens waren auch Einrichtungen wie Lettner oder Altarschranken. Aus dezidiert protestantischer Sicht wurde immer wieder versucht, die Kanzel als Stelle der Wortverkündigung zentral in der Mitte vor der Gemeinde anzuordnen. Um Abendmahlstisch und Taufe nicht seitlich liegen zu lassen, versuchte man öfter, alle Prinzipalstücke in der Mittelachse zu konzentrieren unter der Kanzel und davor.
Heute tendiert man mehr dazu, den ganzen Raum liturgisch aufzuwerten und vor allem die Gemeinde als liturgisches Zentrum zu begreifen, besonders in Bezug auf das Abendmahl. Dann gehört der Abendmahlstisch in die Mitte der feiernden Gemeinde. Möglicherweise konzentriert sich die Sitzordnung um diese perspektivische Mitte. Auf jeden Fall soll der Abendmahlstisch so aufgestellt sein, dass die Gemeinde im Kreis um den Abendmahlstisch stehen und Abendmahl feiern kann (vgl. Projekt Altarversetzung Urbach).
Im Gegensatz zur katholischen Kirchbauempfehlung kann der Abendmahlstisch in evangelischen Kirchen auch mobil aufgestellt werden. Beim Kirchbautag wurden einmal mit mobilen Teilen eines Abendmahlstisches, die auseinandergefahren werden konnten, Abendmahlsgruppen an vierschiedenen Stellen in der Kirche möglich gemacht.

Nicht mehr zeitgemäß:
Diese typische Anleitung zum Altar für eine evangelische Kirche.
Kriterien:
- Dieser Altar ist als Gegenüber zur Gemeinde konzipiert und nicht als Feierort in der Mitte der Gemeinde. Signale dafür sind die Anordnung einer Schauseite und die Andeutung eines Hintergrundes durch das rückseitig angeordnete Kreuz.
- Die Anordnung an der Wand macht ein kreisförmiges Umstellen durch die Mahlsgemeinschaft unmöglich.
- Die Altarstufe ist so bemessen, dass darauf immer nur eine einzige liturgisch handelnde Person Raum hat. Abendmahlsempfänger stehen eine Stufe tiefer. Diese Anordnung macht das liturgische Handeln zum Schauhandeln und den Liturgen zum Spender.
 (Zeichnung aus: Neufert 1992).

Gestalt:

Sie ist frei, wobei eine Gestaltung, die das Merkmal "Tisch" deutlich macht, den liturgischen Sinn des Abendmahlstisches am besten unterstützt.

Funktion:

Der Abendmahlstisch muss oberseitig eine waagerechte Stellfläche für die Abendmahlsgeräte bereitstellen. Für den Gebrauch ist es förderlich, wenn der Tisch dabei durch anderes möglichst wenig belegt wird. Abedmahlsgeräte sind Kelche für den Wein und Behältnisse für das Brot. Zum Kelch kommt üblicherweise eine Kanne für weiteren Wein hinzu sowie ein Tuch zum Abwischen des Kelchrandes. Für die traditionellen Oblaten ist eine Patene (meist ein silberner Teller) und ein Vorratskästchen üblich. In moderneren Formen vervielfältigt sich mit der Zahl der Mitarbeitenden die Zahl der Kelche und Patenen. Immer öfter werden auch statt Oblaten auf Patenen Brote in Körben verwendet. Für Hilfsgerät kann auch eine Abstellfläche unterhalb der Tischoberfläche oder etwas abseits vorgesehen werden. 
Ansonsten soll der Altar im Kreis umstanden werden können.
Ob der Abendmahlstisch auch die Ablage für Kerzen und Bibel sein soll/kann, wird nicht einheitlich beurteilt. Seine Funktion als Abendmahlstisch in der Mitte der Gemeinde wird jedoch deutlicher, wenn Kerzen und Bibel eigene Orte im liturgischen Raum bekommen.

Historisches:

In der mittelalterlichen Kirche hat sich der Altar zum Zentrum der Messliturgie entwickelt. Er muss im röm.-kath. Kirchenbau bis heute eine Reliquie enthalten, sollte aus Naturstein bestehen und nicht beweglich sein. Früher stand er in der Regel ganz im Osten der Kirche und der Priester wirkte im zentralen Teil der Messliturgie am Altar stehend mit dem Rücken zur Gemeinde. Seit dem zweiten Vatikanischen Konzil 1967 ist es erlaubt und im Anschluss daran empfohlen, dass der Priester die Bereitung der Opfergaben für die Gemeinde sichtbar vollzieht und dazu hinter dem Altar steht. Daher finden sich in älteren katholischen Kirchen meistens neuere Altäre im liturgischen Zentrum.

Literatur:
Seibold 1999

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