kirchbau-Logo   Planen: Akustik LogIn
Startseite > Planen/Technik

Planen: Akustik

Vgl. dazu die technische Seite Tonanlage

INHALT DIESER SEITE:
Hörraum Kirche
Geschichte
Schallphysikalische Gestaltelemente und Wirkungen
A Größe des Raumes
B Form der Kubatur 
C Lage der Schallquellen
D Akustische Eigenschaften der Oberflächen

Hörraum Kirche
Kirchen sind Hörräume für Sprechen, Musik und - nicht zu vergessen! - Stille. Damit werden an Kirchenräume unterschiedliche Anforderungen gestellt wie sie sonst selten an Räume gestellt werden. Die Beachtung der Hörsamkeit eines Kirchenraumes verdient eine eingehende Beschäftigung bei der Planung und Nutzung.
In evangelischen Kirchen, die das Selbstverständnis als "Kirche des Wortes" pflegen, steht die Verständlichkeit der gesprochenen Teile des Gottesdienstes in der Regel im Vordergrund. Außerdem dienen Kirchen aber auch als Räume für die gottesdienstliche und alltägliche konzertante Musik. Im Folgenden eine Liste der zu bedenkenden akustischen Ereignisse:
- Stille
- Wortlose Bewegung im Raum
- Freies Reden in der Bewegung (Touristenkirche, vor oder nach Gottesdiensten)
- Liturgisches Sprechen
- Kanzelpredigt
- Gespräch (bisher gottesdienstlich selten)
- Kammermusik
- Orgel, Chöre, Posaunen
- Musik von Band, Tonträger

Geschichte
Die mittelalterliche Kirche folgte in ihrer Raumstaffelung zugleich einer akustischen Stufung: Um die Kirche herum lärmen die Weltgeräusche, im Laienschiff sind verschiedene Klänge und Geräusche einer öffentlichen Wandelhalle zu hören und im Chor erklingen feierlich geformte Töne (Radeke 1995,16).
Die Entwicklung vor allem im 19. und 20. Jahrhundert führte zu großen, gleichmäßig gefüllten Räumen auf dem Hintergrund der Vorstellung vom Saal, für die es angemessen war, eine auf allen Plätzen gleichmäßige Akustik zu erreichen. Diesem Ziel dienen auch die modernen Schallanlagen.
Aus historisch gebildeter Sicht wäre es demgegenüber angezeigt, mindestens für die alten Kirchen die unterschiedlichen akustischen Räume wieder zu entdecken. Die Gemeinde hätte sich dann freilich zu konzentrieren, anstatt sich im weiten Raum zu verlieren. Die Gemeinde hätte sich auch wieder zu bewegen, um im Lauf des Gottesdienstes die verschiedenen akustischen Räume auch wahrnehmen zu können. Auf eine Tonanlage könnte bei vielen Anlässen verzichtet werden.

Schallphysikalische Gestaltelemente und Wirkungen
Grundsätzlich spielen für die Gestaltung der Raumakustik 4 Aspekte eine wichtige Rolle:
(A) Die Größe des Raumes
(B) Die Form der Kubatur
(C) Die Lage der Schallquellen
(D) Die akustischen Eigenschaften der Oberflächen.

(A) Die Akustik im Zusammenhang der Raumgröße
Hinsichtlich der Grundlautstärke stellen vor allem sehr große Räume erhöhte Anforderungen. Große Räume sorgen dafür, dass sich der Schall verlieren kann. Oder sie bewirken, dass durch die relativ langsamen Schallgeschwindigkeiten (schon bei 33 m ergibt sich 1/10 sec.) schon bald Laufzeitunterschiede zwischen Originalschall und verschiedenen Reflektionen auftreten, die für Unschärfen und störende Überlagerungen sorgen.
In kleinen Räumen besteht die Gefahr einer zu geringen Lautstärke nicht, allerdings können auch hier ungünstige Reflexionen zu erschwerter Verständlichkeit führen (s.u.).
Im Blick auf die Meditation gilt, dass kleine Räume die Konzentration des Betenden auf sich selbst unterstützen, während große Räume verstärkt dazu helfen, das eigene Ich (auch akustisch!) im größeren Kontext wahrzunehmen.

(B) Die Form der Kubatur
Günstig sind Räume, in denen der Schall sich von der Schallquelle her linear ausbreiten und nach hinten auslaufen kann (am Ende geschluckt wird). Ungünstig sind Räume, in denen der Schall durch harte Reflektionen verstärkt oder geschwächt wird. Je senkrechter eine Reflektion erfolgt, desto härter wirkt sie. Interferenzen entstehen, wenn die Rückwand den Schall geradewegs zurückwirft. Schallballungen entstehen andererseits in runden Räumen, in denen der Schall allseitig zur Mitte hin zurückgeworfen wird. Die Gefahren der Rundung betreffen nicht nur ein Grundrissrund, sondern auch Überwölbungen. Bei polygonalen Räumen ist die Schallwirkung oft sehr schwer vorauszusagen.
Ideale Klangräume können am Konzertsaal abgelesen werden: Sie verbreitern sich mit der Entfernung von der Schallquelle. Dadurch entstehen flache Reflektionswinkel, die zu geringen Laufzeitunterschieden führen. Ferner werden völlig plane Strukturen vermieden, damit die Reflektionen diffuser und weniger hart werden (vermeiden von Echo).

(C) Die Lage der Schallquellen
Schallquellen, die unmittelbar vor einer reflektierenden Fläche liegen, wirken stärker. Nicht umsonst spielen Straßenmusiker direkt an der Fassade von Gebäuden. Je weiter die Schallquelle von der Wand entfernt ist, umso weniger stark wird sie durch die Reflektion gestützt und umso größer ist der Laufzeitunterschied der Reflektion zum Direktschall.
Die Erfahrung des Sprechens mit als Trichter vorgehaltenen Händen lehrt, dass gerichteter Schall stärker wirkt. Dazu wurden die Kanzeldeckel eingerichtet, die den nach oben strahlenden Schall in Sprechrichtung reflektieren sollen. Auch hier sorgt der geringe Abstand für einen minimalen Laufzeitunterschied, während Brechungen über die Decke eher für Undeutlichkeit sorgen.
Eine Besonderheit gilt für Schallquellen, für die ein getragener Klang hilfreich ist: Sie gewinnen öfter dadurch, dass sie in einem eigenen Schallraum angeordnet sind. Es geht dabei um die Chöre in den Kirchen. Kirchen- und Posaunenchor klingen im Chor weniger trocken, da sie dort einen eigenen Resonanzraum haben (vgl. den Körper einer Violine oder Gitarre). Lautstärke, Präsenz und Durchsichtigkeit der Musik sind freilich besser, wenn im Hauptraum musiziert wird.

(D) Die akustischen Eigenschaften der Oberflächen
Kirchen sind durch ihre überwiegend harten und glatten Oberflächen laute Räume, die reichliche Reflexionen haben. Die langen Nachhallzeiten rühren daher, dass Kirchen große Räume sind und außerdem die harten Oberflächen den Schall ohne große Intensitätsverluste wieder zurückgeben und er so zwischen den Wänden hin- und herklingen kann.
Ganz anders verhalten sich weiche und offenporige Flächen, wie zum Beispiel Textilien. Sie reflektieren kaum Schall, sondern wirken schallschluckend.
Die Akustik eines Raumes wird wesentlich von der Art und Verteilung der Oberflächen bestimmt. Die laute und hallende Kirchenakustik kann sich bei Vollbesetzung in eine trockene und dürftigere Akustik verwandeln. Das ist bei Planungen zu berücksichtigen.
Durch die hohe Wirksamkeit der Oberflächenkonstruktion ergibt sich die Möglichkeit, Räume akustisch nachzubessern. In zu laute Räume werden weiche und offenporige Materialien eingebracht, z.B. durchgängig verlegte Bankpolster. Auch verschiedene Anstrichfarben bzw. Putze können akustische Unterschiede machen. Notfalls muss auch in die Raumgestaltung durch eingehängte Segel oder gestalterisch wirksame Schallschluckplatten eingegriffen werden.

Links zum Thema:
 Deutsche Gesellschaft für Akustik: http://www.dega-akustik.de

Zum Seitenanfang


Startseite kirchbau.de
TheologieGottesdienst/LiturgieKirchenraumpädagogikBauideen/Entwürfe/Technik
EinführungNews/HinweiseLinks


© 2001-2021 redaktion kirchbau.de Haftungsausschluss Datenschutzerklärung Literaturverzeichnis • Umgang mit Quellen • Fotos