Von Nutz und Schutz geöffneter Kirchen

Zur Öffnung von Kirchen außerhalb des Gottesdienstes

Vortrag von Dipl.-Ing. Pfr. Gunther Seibold, Hemmingen

zum Württembergischen Mesnertag am 15. Mai 2006 in Kirchheim

 

Zum Vortrag gehörte eine Power-Point-Präsentation,

auf die der Text immer wieder Bezug nimmt (Vortragsstil belassen).

 

Sehr geehrte Mesnerinnen und Mesner, Hausmeisterinnen und Hausmeister,

 

für mich ist es eine Ehre, zum Mesnertag

vor einer so großen Versammlung

eines so ehrwürdigen und wichtigen Berufsstandes

etwas beitragen zu dürfen!

 

Ich habe mir ja kurz überlegt:

Mesnerinnen und Mesner haben ein paar „natürliche Feinde“,

könnte man sagen.

Spinnen und ihre Weben mögen dazu gehören.

Außerdem zum Beispiel Kinder,

die bei Trauungen in der Kirche Blumenblätter auf den Boden streuen.

Dazu zählen aber wohl auch die Pfarrer,

wenn die wieder mal ganz wichtig tun und mit einer Idee daherkommen.

 

So einer bin ich heute vielleicht auch!

Aber ich will es heute umgekehrt sehen

und Sie heute in die Lage versetzen,

dass Sie den Spieß herumdrehen

und mit Ideen nach Hause kommen

und sagen:

Wir machen unsere Kirche auf,

oder wir machen dies oder jenes mit unserer schon geöffneten Kirche.

„Von Nutz und Schutz geöffneter Kirchen“ soll ja unser Thema sein.

 

   Vorstellung

 

Nun, bevor ich ins eigentliche Thema einsteige,

möchte ich so anfangen,

wie man in Mesnerkreisen wohl anfängt,

wenn ich das Mesnertagsprogramm

und auch das Mesnerblatt richtig verstehe.

Man stellt sich mit seiner Kirche vor.

 

Ich habe Ihnen also als Erstes ein Suchbild mitgebracht:

Da sehen Sie Hemmingen, Dekanat Ditzingen

im Landkreis Ludwigsburg,

wo ich seit 2 Jahren Pfarrer bin.

Hier sehen Sie die Spitze „meines“ Kirchturms,

aber nur, wenn Sie ganz genau sehen können.

 

Als Hilfe stelle ich noch ein zweites Bild dazu.

So sieht es von einer anderen Seite,

vom Schlosspark aus aus.

Ziemliche Unterschiede!

Nun können Sie die Kirchturmspitze in beiden Bildern untereinander sehen,

jeweils mit dem Pfeil markiert.

 

Von der Ortsmitte her nun noch das dritte Bild.

Wir haben ein schönes Ensemble mit Gemeindehaus

und rechts dahinter ein Schloss mit Park.

 

Die Kirche selbst ist seit dem 12. Jh. in mehreren Schritten gewachsen.

Ein gotischer Chor und spätere Anbauten prägen das Bild

am schönen Kirchhof.

 

¶Eine Besonderheit bilden die Portale der Renaissance,

entstanden um 1600.

Zum Thema geöffnete Kirche gehören ja besonders die Türen

und daher zeige ich Ihnen alle 3 Eingänge für die Gemeinde.

 

¶Innen prägt die dreiseitige Empore das Bild im Schiff.

¶Nach Westen steht die Orgel auf der Empore

und nach Osten öffnet sich durch den großen Chorbogen

¶der prächtige Chorraum mit Grabdenkmalen, einer schönen Ausmalung

und einem wertvollen steinernen Kruzifix.

 

¶Abschließend zeige ich Ihnen noch ein Schild,

was wir an der Tür außen haben:

Es ist schon etwas in die Jahre gekommen und hat ein kleines Feld,

in das sich verschiedene Schriften eindrehen lassen:

Hier steht drauf: „geöffnet“.

Das Thema ist also nicht neu.

Unsere Kirche in Hemmingen steht schon seit Jahren täglich offen

und wird auch recht fleißig genutzt.

Möglich ist das dank sehr treuen Mesnersleuten,

die heute auch unter uns sind.

Tagsüber steht die Kirche offen, ohne Aufsicht.

Und jeden Tag kommen Menschen hinein,

die dieses Angebot nutzen.

 

¶Schließlich noch zu mir und warum ich wohl für heute angefragt worden bin:

¶Ich bin Gründungsmitglied im landeskirchlichen „Arbeitskreis für Kirchenraum und Kirchenpädagogik“, der sich unter anderem mit dem Thema Kirchenöffnung in unserer Landeskirche befasst.

Dass ich dort mitmache lag nahe, da ich eine seltene Fächerkombination studiert habe: Vor der Theologie hatte ich ein Architekturstudium hinter mich gebracht. Unter dem Titel ¶“Architheologica“ verbinde ich das immer wieder und habe in diesem Zusammenhang vor allem das Internetportal ¶www.kirchbau.de eingerichtet, in dem ich Informationen zum Kirchenbau und zum Umgang mit Kirchen zusammentrage und außerdem eine Datenbank mit mehreren 1000 Kirchen aufbaue, zu denen man dort nach und nach Daten und Bilder finden kann. ¶Da ich nun im Ditzinger Bezirk Mesnerpfarrer geworden bin, ergab sich schließlich noch eine zusätzliche Nähe und ich bin gerne mit hierher nach Kirchheim gekommen.

 

   Überblick

 

¶„Von Nutz und Schutz geöffneter Kirchen“,

so habe ich unser Thema überschrieben.

 

In anderen Landeskirchen spricht man öfter auch von offenen Kirchen,

aber in Württemberg ist der Begriff „offene Kirche“ schon belegt.

Bei unserem Thema bringen wir beides zusammen:

Eine geöffnete Kirche dient einer lebendigen Gemeinde und offenen Kirche.

Man kann auch feststellen:

gerade lebendige Gemeinden richten eine offene Kirche ein.

 

Über den vielfältigen Nutzen geöffneter Kirchen werden wir dann nachdenken

und auch über den Schutz,

der bei den Überlegungen zum Thema gerade in Ihren Kreisen eine wichtige Rolle spielt.

 

¶Meinen Vortrag leite ich ein mit einem ¶Vorspann.

Danach gliedere ich in 6 Fragewörter:

¶Wozu öffnen wir Kirchen außerhalb des Gottesdienstes?

¶Wann machen wir das sinnvollerweise?

¶Wie weit sollen die Leute in die Kirche hereinkommen?

¶Womit können wir Ihnen Hilfen anbieten?

¶Wenn aber ungebetene Gäste kommen, was dann?

¶Wir? Unter diesem Stichwort geht es darum, ob die eigene Kirche auch geöffnet werden soll und wer dann entscheiden muss und dahinter stehen muss.

¶Für den kurzen Schluss heißt es dann: Die Tür geht auf!

 

   Vorspann: „Im Trend“

 

Unser Thema liegt im Trend.

Immer mehr Menschen befassen sich mit Kirchenöffnung

und immer mehr Kirchen sind auch außerhalb der Gottesdienste geöffnet.

 

¶Diese Bewegung ging in den evangelischen Kirchen

vor allem vom deutschen Osten aus.

Hier sehen Sie zwei Stadtkirchen.

Davon ist der Dom in Greifswald ein Modellprojekt für eine Citykirche,

die für die Bedürfnisse der Werktagsbesucher eingerichtet wurde,

zumal die sonntägliche Gottesdienstgemeinde das Haus nicht mehr füllt.

Vor allem Dörfer machen die Erfahrung,

dass sie die Kirche noch haben, aber keine Gemeinde.

Die Kirche zu erhalten ist dann für viele Dörfler

doch ein Anliegen und der Umgang mit dem Gebäude

ein Weg, wieder mit Inhalten des Glaubens in Berührung zu kommen.

 

¶Auch in Württemberg kann man im Evangelischen Gemeindeblatt sehen,

dass die Kirchen Konjunktur haben,

weil Woche für Woche eingeschickte Kirchenbilder erscheinen.

 

¶Die Leute nehmen es auch an, wenn Kirchen geöffnet sind.

Im Dorf sind es vielleicht nur wenige, aber dankbare Menschen,

¶in Städten sind es schon viele

und in touristisch bedeutenden Kirchen sind es gewaltige Zahlen.

¶Den Berliner Dom besuchten im Jahr 2004 773.000 Menschen.

Das sind durchschnittlich 2100 pro Tag.

Im Trierer Dom sind es sogar jährlich über 1 Million.

 

Diesem Trend entspricht,

dass sich die Kirchenleute organisieren,

die sich damit befassen.

¶Seit ein paar Jahren gibt es die Kirchenpädagogik.

Sie denkt nach über die Möglichkeiten,

wie Menschen, die vom Glauben kaum mehr eine Ahnung haben,

durch die Wahrnehmung einer Kirche etwas lernen

und vor allem auch einüben können.

 

¶In Württemberg kommen wir seit 2001 im Arbeitskreis

„Kirchenraum und Kirchenpädagogik“ zusammen.

Aus dem Mesnerbund ist Stiftskirchenmesner Kern aus Tübingen

dort offiziell vertreten.

Inzwischen gibt es das Angebot einer Kirchenführerausbildung,

weitere Themen sind in Arbeit.

 

¶Die Geschäftsstelle für diesen Arbeitskreis ist im Evangelischen Gemeindedienst

in der Abteilung „Kirche für Freizeit und Tourismus“ angesiedelt,

die seit Jahren schon den von Kurt Rommel begonnenen Studientag

„Kirchen erzählen vom Glauben“ veranstaltet.

 

Geöffnete Kirchen werden noch öfter aufgesucht,

wenn die Öffnung bekannt ist und auch überregional bekannt gemacht wird.

Zu diesem Zweck haben sich in den letzten Jahren so genannte „Signets“ entwickelt.

Das Wichtigste entstand in der Abteilung „Kirche im Tourismus“

bei der hannoveranischen Landeskirche.

 

¶Andere Kirchen haben dieses Signet übernommen,

z.B. Westfalen, Lippe und das Rheinland, dazu ostdeutsche Landeskirchen.

¶Eigene Wege sind die nordelbische und die bayrische Landeskirche gegangen.

Die Frage ist:

¶Wie machen wir es in Württemberg?

Im letzten Jahr haben wir darauf gewartet,

dass die EKD ein gemeinsames Signet festlegt.

So war das uns angekündigt.

Das ist aber nicht erfolgt.

Aber immer mehr Landeskirchen

schließen sich dem hannoveranischen Zeichen an.

Wir denken daher,

dass dieses zum Zeichen der EKD wird

und möchten es gerne auch Württembergischen Gemeinden anbieten.

Der Hauptvorteil ist,

dass Gemeinden dann in den Verzeichnissen und Landkarten

mit ihrer Kirche erscheinen können.

 

Ein Problem dabei ist,

dass die Anforderungen für das hannoveranische Signets sehr hoch sind.

Zu hoch, wie wir finden.

Dort heißt es:

1. Die Kirche ist regelmäßig mindestens 5 Tage in der Woche täglich vier Stunden zu Besuch und zur Besichtigung geöffnet.

2. Die reguläre Öffnungszeit teilt sich in 2 Vormittags- und 2 Nachmittagsstunden, in der Regel 10.00-12.00 Uhr und 14.00-16.00 Uhr (nach örtlichen Gegebenheiten kann diese Öffnungszeit auch anders gestaltet werden, muß aber dann auch verbindlich angezeigt werden).

3. Die Mindestöffnungszeit ist vom 1. April bis 30. September eines Kalenderjahres einzuhalten, wird aber auf jeden Fall für mindestens 1/2 Jahr gewährleistet.

4. In der Kirche liegen Informationen über die Kirche und aus dem aktuellen Leben der Gemeinde, insbesondere Hinweise auf die Gottesdienste, für die Besucher zur Mitnahme aus, z. B. ein Kirchenführer und ein Gemeindebrief.

5. Die Kirche wird in einem einladend geordneten Zustand gehalten.

6. Die Kirchengemeinde kann das Logo "Verläßlich geöffnete Kirche" verwenden, um auf die geöffnete Kirche am Ort und in der Region in jeder möglichen Form aufmerksam zu machen. Das Signet ist geschützt und darf nur in dieser Form verwendet werden.

Das Recht, das Logo zu verwenden, kann entzogen werden, wenn die Selbstverpflichtung nicht eingehalten wird.

Wir möchten jetzt in Verhandlungen treten,

wie dieses Signet in Württemberg verwendet werden kann.

 

In drei Landeskirchen hat man für Kirchen,

die die Anforderungen für das Signet nicht erfüllen,

ein Banner entworfen, das immer dann,

wenn die Kirche offen ist,

aufgerollt werden kann.

 

   Wozu? Anliegen und Ziele geöffneter Kirchen

 

Nun zum ersten unserer Fragewörter: Wozu?

¶Was sind die Anliegen und Ziele, warum Kirchen geöffnet werden?

 

Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen,

dass es für evangelische Kirchen nicht selbstverständlich ist,

dass sie außerhalb der Gottesdienste offen sind.

Die Klagen darüber kann man sehr häufig hören.

 

Die Reformation hat bedeutet,

dass man die Kirchen erst einmal zuschloss.

¶Wie Sie hier sehen, war Wilhelm Buschs Lehrer Lämpel

auch evangelisch,

denn da „schloss in aller Ruh Lämpel seine Kirche zu“.

 

Dahinter stand,

dass nach evangelischer Auffassung Glaube überall gelebt werden muss.

Die Kirche ist an sich nicht heiliger als andere Plätze.

¶Gott ist nicht nur in der Kirche aus Steinen, sondern überall.

 

Um diesen Unterschied zur katholischen Bedeutung des Kirchenraums

als besonders geweihtem Raum und Ort des Altarsakraments

deutlich zu machen, schloss man die evangelischen Kirchen gerne zu.

 

Aber wir sind heute aus dem konfessionellen Kampf heraus.

Jedenfalls an den meisten Orten.

Auch Protestanten haben inzwischen entdeckt:

¶“überall“ ist auch in der Kirche.

Und nicht Gott, sondern den Menschen bietet eine Kirche gewisse Vorteile.

Dort kommen Menschen leichter zur Ruhe,

dort helfen ihnen die Zeichen

und die Rituale,

offen für die Anbetung zu werden.

 

Aus evangelischer Sicht spricht nichts gegen die geöffnete Kirche,

da man ja trotzdem bei der Arbeit oder zuhause beten,

auch wenn die Kirche geöffnet ist ...

Man kann sagen:

Wohl der Stadt, in der in den anderen Häusern,

in Wohnungen und an Arbeitsplätzen gebetet wird!

Wohl ihr aber auch,

wenn suchende Menschen in der Kirche einen Ort finden,

wo sie eine Hilfe zur Begegnung mit Gott erfahren.

 

Wenn man es also darf,

was sind die Gründe,

die ausdrücklich für eine Kirchenöffnung sprechen?

 

¶Ich möchte Gründe nennen,

die für die Kirchenöffnung sprechen.

Zunächst ganz äußerliche:

 

¶Das Kirchengebäude selbst lebt davon,

dass es benutzt wird.

Die Nutzung dient seinem Erhalt.

Nur wer seine Kirche kennt, stiftet auch für sie.

Nur ein Gebäude, das lebt,

ist Investitionen wert.

Die Abnutzung der Kirche bei der Öffnung

wird immer geringer sein als dieser Nutzen.

 

¶Weiter: Gemeinden setzen mit der geöffneten Kirche ein Zeichen:

Wir sind für euch Menschen nicht nur am Sonntag offen.

Wir sind eine einladende Gemeinde.

 

Nun möchte ich auf die zwei Bereiche näher eingehen,

die die Menschen betreffen,

die eine geöffnete Kirche besuchen.

 

Unter denen unterscheide ich

zwei Gruppen:
Diejenigen, die auf Tour sind (landläufig auch Touristen genannt),

und die, die verweilen wollen.

Manchmal verbindet es sich auch und Leute,

die auf Tour sind, verweilen noch.

 

¶Welche Motive sorgen dafür,

dass Menschen „auf Tour“ in eine Kirche kommen?

Ich nenne ein paar und fange mit ganz Äußerlichem an:

¶Man geht hinein, wenn einem der Reiseführer das empfiehlt.

¶Oder man geht hinein, weil man Ehrfurcht vor dem Alter des Baus hat.

¶Oder weil man nichts Wichtiges verpassen will,

¶zum Beispiel Kunst.

¶Öfter mag es auch echtes Geschichtsinteresse sein,

warum Menschen auch eigens anreisen.

¶Oder es sind Gefühlsinteressen wie das,

einen fremden Raum erleben zu wollen

¶oder einen folkloristischen Vergleich zur eigenen Heimat zu betreiben.

So viel und wohl noch mehr können Menschen in einer Kirche auf Tour erleben

und damit bereichert werden.

 

Neben solchen gezielten Interessen gibt es dann noch Menschen auf Tour,

die sich fast in die Kirche verirren.

¶Die nur einen Spalt hineinsehen wollen, wie das Bild zeigen will.

Vielleicht sind sie

¶auf der Suche,

¶getrieben von innerer Unruhe

oder mit der ¶undeutlichen Hoffnung, in der Kirche einen verlässlichen

und zuhörenden Menschen zu treffen.

Wir sollten gerade solche undeutlichen Motivationen nicht unterschätzen.

Mir fällt schon in unserer dörflichen Situation auf,

wie immer wieder gerade solche Menschen in die Kirche hereinfinden,

die irgendeine spürbare Not haben.

 

¶Wenden wir uns aber nun dem „Verweilen“ zu.

Innehalten möchte ich das auch nennen.

Das hat mit Halten zu tun, mit Anhalten,

und auch damit, dass das Äußere das Innere anspricht und anregt.

Hier geht es um mehr geistlich motivierte Interessen der Menschen.

Das kann lediglich gefühlt und nebulös sein,

aber auch klar und deutlich ausgesprochen.

¶Menschen wollen in einer Kirche irgendwie daheim sein,

¶sie kommen zum Gebet,

¶zur Betrachtung

¶oder einfach nur um zur Ruhe zu kommen.

 

Vom Kirchenraum erhoffen sie,

dass er ihnen vermittelt, im Glauben ¶in Gott zu sein,

¶verbunden zu sein mit ihm und in der Gemeinschaft des Glaubens

mit den Menschen.

¶Die Ursprünge eines Ortes sind in der Kirche auffindbar

und so suchen Menschen auch die Ursprünge ihrer Existenz dort.

 

Für die geistliche Stärkung durch den Besuch der Kirche möchte

beispielhaft einen biblischen Beleg vorstellen:

¶In Psalm 73 bringt ein Besuch im Tempel die Wende.

Am Anfang berichtet der Beter von seinen Schwierigkeiten,

er wäre fast gestrauchelt.

Bis er ging ins Heiligtum Gottes. Da wurde sein Blickwinkel verändert.

Von da an sagt er:

Dennoch bleibe ich stets an dir, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand.

 

¶Wer verweilt, erwartet im Wesentlichen zwei Wirkungen:

 

¶Eine spirituelle Erfarhung, Begegnung mit Gott erleben

im ¶Reden, ¶Hören, aber auch ¶Schweigen und einfach da sein im Licht Gottes.

 

Zum Andern etwas für den Geist und Verstand,

¶wachgerufen durch Symbole,

¶durch Geschichten, die die Bilder erzählen

¶oder durch Worte.

¶Geistliches Lernen insgesamt.

 

¶Wie bei denen auf Tour möchte ich auch zum Verweilen

noch darauf hinweisen,

dass dies auch ungezielt erfolgen kann.

Da kann es sein, dass einer

durch den Anblick bunter Glasfenster angezogen wird.

¶Irgendwie sucht er Gott,

¶oder er folgt dem Ruf aus Langeweile,

¶oder er sucht die Kirchenbank, weil er müde ist, ¶für eine Rast.

Und immer wieder mag im Hintergrund stehen,

einen Gesprächspartner zu treffen,

wenigstens in dem unsichtbaren Gott.

 

 

   Wie weit? Was heißt geöffnet?

 

¶Im nächsten Abschnitt soll es nun praktischer werden.

Unter der Frage „Wie weit?“ möchte ich die Möglichkeiten vorstellen,

wie weit der Raum geöffnet werden soll.

Es kann Gründe geben, dass eine Kirche nicht ganz offen stehen soll.

Dann bieten sich eine Reihe von Alternativen an.

 

¶Beginnen wir aber mit der ganz geöffneten Kirche.

Der Besucher kann überall herumgehen.

Das gibt es in der Praxis eher selten.

Meistens ist mindestens die Empore mit dem Zugang zur Orgel abgesperrt.

Aus Sicherheitsgründen ist immer wieder auch der Chor abgesperrt,

um Kunstwerke zu schützen.

 

¶Wenn man befürchten muss, dass die Öffnung der Kirche

zu viel Schwierigkeiten macht,

kann es auch noch andere Möglichkeiten geben.

Manchmal trifft man es so an,

dass der Vorraum der Kirche offen ist.

Von dort aus kann man durch ein Gitter oder eine Glastür

Teil haben am Raum.

¶Gegebenenfalls kann auch im Vorraum noch eine kleine Kapelle eingerichtet werden,

so wie es hier in einer modernen Kirche geschehen ist.

 

In manchen Kirchen lässt sich auch

¶eine Werktagskapelle einrichten.

Sie ist ein abgetrennter Raum im Bereich der Kirche.

 

Viele Citykirchen bieten eine differenzierte Raumstruktur an.

¶Dieses Beispiel habe ich in Schottland gesehen,

wo die Gemeinde eine Kapelle, ein Cafe, einen Versammlungsbereich

und eine Literaturecke in der Kirche eingerichtet hat.

¶Eine Gemeinde in Exeter bietet wochentags ein richtiges Café

in der Kirche an.

 

Wir Deutschen sind in der Regel eher vorsichtiger.

Daher möchte ich Ihnen auch die vorsichtigste Kirchenöffnung

nicht vorenthalten.

Auch sie trifft man viel zu wenig an.

¶Oft würde man schon einen Blick in eine Kirche machen können,

wenn irgendwo ein Guckloch wäre,

wo man durch klares Glas einen Blick hinein nehmen könnte.

Das kann ein kleines Fensterle sein

¶oder vielleicht auch nur ein kleines Glasstückle in Klarglas

mitten im Buntglasfenster.

Man könnte es ja auch verschließbar machen,

falls man diesen Blick nicht immer wünscht.

 

¶Diese Möglichkeit könnte man kombinieren mit der letzten in dieser Reihe,

nämlich den Schlüssel zur Kirche zugänglich zu machen.

Er kann im Gemeindebüro abgeholt werden,oder in einer öffentlichen Einrichtung

oder Geschäften. Notfalls in einer Wohnung.

Am besten dort, wo lange Öffnungszeiten sind.

Bei der Ausgabe wird man meistens Vertrauen können

oder gegebenenfalls eine Liste führen.

 

So weit die räumlichen Konzepte.

Nun zu den zeitlichen:

 

   Wann? Zeitliche Konzepte

 

Wann öffnen wir die Kirche?

 

¶Für gelegentliche Öffnung bieten sich besondere Tage

am meisten an.

¶Erntedank, wenn der Altar geschmückt ist,

¶oder der Konfirmationstag, damit die Familien noch einmal kommen können,

¶oder Straßenfest oder ¶Markttag, wenn viele Menschen da sind.

 

Eine gute Gelegenheit bilden auch ¶Ausstellungszeiten,

bei denen die Kirche eine Zeit geöffnete Kirche ist.

 

¶Soll die Öffnung regelmäßig sein,

bietet sich der Sonntag am meisten an.

Die Kirche atmet dann noch das Leben des Gottesdienstes,

die Kerzen können noch brennen,

die Wärme ist noch da

und der Sonntagnachmittag ist die Zeit des Spaziergangs.

 

¶Für die Gestaltung der Öffnungszeiten

gibt es natürlich unendlich viele Möglichkeiten.

Sie werden vor allem von den Personen bestimmt sein,

die für die Zeiten Verantwortung übernehmen.

¶Es kann bestimmte Stunden geben,

¶wöchentlich bestimmte Tage,

¶und im Jahr bestimmte Monate, zum Beispiel von Ostern bis Erntedank.

 

Am schönsten für die Nutzer ist es natürlich,

wenn sie gar nicht über Öffnungszeiten nachdenken müssen,

¶sondern täglich kommen können.

Durchgehend geöffnete Kirchen gibt es kaum in Städten.

Da werden auch katholische Kirchen

mit Einbruch der Dunkelheit abgeschlossen.

Ein Beispiel für durchgehend geöffnete Kirchen

sind Autobahnkirchen.

 

¶Worüber sich nachzudenken lohnt,

ist, wie die Öffnungszeit bereichert werden kann.

Öfter anzutreffen ist,

dass es ein Mittagsgebet oder eine Abendandacht gibt.

 

Ich möchte aber auch die Möglichkeiten erwähnen,

die so nebenher für Leben in der Kirche sorgen können.

¶Die Arbeitszeit von Mesnerin oder Mesner

kann in die Öffnungszeit fallen,

dann ist jemand da.

¶Oftmals freut es Besucher,

wenn an der Orgel geübt wird und sie erklingt.

¶In manchen Gemeinden finden auch möglichst viele

Gemeindeveranstaltungen in der Kirche statt,

zum Beispiel Konfi-Unterricht

oder die Jungscharandacht.

 

   Womit? Hilfen für das Sehen und Verweilen

 

Unter dem Fragewort „Womit?“

möchte ich auf die Dinge zu sprechen kommen,

die sozusagen als Hilfsmittel für eine geöffnete Kirche dienen können und sollen.

 

¶Das fängt ganz vorne an schon vor der Kirche.

So ein Schild,

vor die Kirche gestellt,

ruft herein.

Vielleicht ist es auch möglich, die Türen offen stehen zu lassen.

 

¶Im Eingang kann ein Schild oder einfach das Erscheinungsbild

kann ein herzliches Willkommen signalisieren.

Es dient der Sache, wenn die Tür leicht geht,

nicht quietscht und alles einen aufgeräumten Eindruck macht.

 

Die Angebote drinnen unterscheide ich wieder nach denen,

die für die Menschen auf Tour sind

und solchen, die dem Verweilen dienen.

 

¶Je mehr die Menschen auf Tour sind,

umso kürzer wollen sie informiert sein

und umso einfacher sollen sie erkennen können,

was bedeutend ist und was weniger.

In St. Anna in Augsburg habe ich diesen Kasten gesehen

mit Brettern, auf die der Grundriss der Kirche aufgezogen ist

und auf der Rückseite die allerwichtigsten Daten.

 

¶In unserer Kirche haben wir dieses Faltblatt,

das in der Kirche willkommen heißt

und auf Vorder- und Rückseite das Wichtigste

erklärt und dann auch zum Verweilen einlädt.

Es wurde in 2 Jahren schon über 500 Mal mitgenommen.

 

¶Am häufigsten findet man in großen Kirchen

den so genannten Kunstführer an.

Das ist ein weites Thema, wozu man viel sagen könnte.

Diese Führer sind wichtig,

aber oft zu lang und sie erzählen oft

zu wenig vom Leben der Gemeinde und vom Glauben.

 

¶Zum Konzept einer geöffneten Kirche gehört natürlich auch,

dass Führungen angeboten werden.

Ein Aushang sollte darüber informieren.

 

Lassen Sie mich etwas länger verweilen bei den Dingen,

die dem Verweilen dienen sollen in der geöffneten Kirche.

¶Im Zentrum steht dabei theologisch das Wort Gottes.

In der evangelischen Kirche gehört eine aufgeschlagene Bibel

in die Mitte.

Es ist schön, wenn man dort hintreten kann und darin lesen.

Es muss ja nicht die wertvolle Altarbibel dort liegen,

sondern es kann eine andere groß gedruckte sein.

 

Wenn Kerzen brennen, steigert das auch noch einmal

die Wirkung des Kirchenraumes als geistlich belebter Raum.

 

Weitere Schriften, die man sich auch in eine Bank mitnehmen kann,

sollten bereit liegen:

¶Bibel und Gesangbuch,

¶Erbauliches,

¶Meditationen,

die sich vielleicht auf einzelne Bilder und Bereiche der Kirche beziehen,

und vor allem ¶Gebetstexte für Menschen, die im Gebet schwer eigene Worte finden.

 

¶Ich zeige ihnen hier noch einmal ein Bild von unserer Kirche.

Gehen Sie aber mal in Gedanken an einen Ort,

an dem Sie in Ihrer Kirche verweilen wollten.

Stellen Sie sich vor, dass Sie ein Besucher sind,

der einfach so in die Kirche kommt und einen Platz für ein Gebet sucht.

Setzen Sie sich in Ihrer Phantasie dort nieder.

Dann lese ich aus einem Gebetsblatt,

wie es in der Kirche zum Nachsprechen ausliegen könnte:

Wir laden Sie ein, in unserer Kirche nach Ihrem Rundgang etwas zu verweilen, den Glauben zu spüren, der hier seit Jahrhunderten an jedem Sonntag im Gottesdienst gefeiert wird und dabei einzutreten in die Offenheit für die Begegnung mit Gott.

Dazu mögen Ihnen die folgenden Sätze eine Hilfe bieten:

 

Gott, ich suche dich.

Ich warte auf dich.

 

Diese Kirche nimmt mich hinein in die Gemeinschaft des Glaubens an dich.

 

Viele haben hier gefeiert und gerufen:

„Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses

und den Ort, da deine Ehre wohnt!“

(Psalm 26,8)

 

Heute bin  i c h  da mit meinem Dank

und mit meinen Bitten.

Höre mich!

 

Lass mich im Zeichen des Kreuzes

Jesu Christi deine Liebe spüren,

in der Ruhe deinen Frieden

und im Gebet deine Kraft.

Amen.

 

Jetzt müssen Sie sich wieder verabschieden und mit mir weitergehen.

¶Für das Gebet haben sich verschiedene Angebote entwickelt,

die Menschen helfen, zur Ruhe zu kommen.

Es ist schön, wenn in einer Kirche eine Gebetsnische eingerichtet werden kann

als ein beruhigter Bereich, der Stille ausstrahlt.

Dort kann ein Bibelwort liegen,

eine Kerze brennen,

ein Bild zur Meditation einladen

oder auch leise Musik laufen.

 

¶An einer Gebetswand können Bitten angeheftet werden,

eine Mauer kann wie eine Klagemauer dazu verwendet werden,

dass die Menschen Zettel dort hineinstecken.

Solche Elemente müssen allerdings regelmäßig

von Gemeindegliedern gepflegt werden.

 

¶Viele nehmen heute das Gebet mit Kerzen ganz wichtig.

Da bin ich mir nicht ganz so sicher darüber.

Demnach soll zu einer geöffneten Kirche das Angebot gehören,

Kerzen anzuzünden,

damit sie vor Gott leuchten und Menschen Ruhe geben.

 

¶Da kann manches auch über das Ziel hinausschießen,

wie ich in diesem Beispiel aus Italien finde:

Dort kann man eine Münze einwerfen und dann darf man

einen Schalter umlegen und die elektrische Kerze brennt.

 

¶Eine geöffnete Kirche sollte auch an die Kinder denken.

Ideen dafür gibt es viele: Ein Quiz mit Fragen und Malaufgaben,

¶Malblätter oder alles zusammen in einem Kinderkirchenführer.

Anregend können auch Erkundungsgegenstände sein

wie ein ¶Hörrohr

oder eine ¶Karte mit einem Durchblick.

¶Dann kann man alles wie durch ein Kirchenfenster

¶in einem neuen Blickwinkel sehen.

 

¶Vorstellbar sind natürlich auch die vielfältigen Möglichkeiten

der Wiedergabe von geistlichen Dingen.

Vielleicht eine Hörstation mit einer Kurzandacht,

um nur ein Beispiel zu nennen.

 

¶In der Tiefe abgerundet wird das Angebot einer geöffneten Kirche,

¶wenn zu bestimmten Zeiten ein persönlicher geistlicher Kontakt angeboten wird.

¶Zum Seelsorge-Team können Pfarrer, aber auch Ehrenamtliche gehören.

¶Von einem Kollegen habe ich gehört,

dass er gute Erfahrungen mit einer Seelsorge-Sprechzeit in der Sakristei gemacht hat

und dass in diesem Raum auch die Beichte wiedergewonnen werden kann.

¶Lebensberatung rundet das ab und baut eine Brücke zum Leben draußen.

 

Darum geht es auch im nächsten Schritt,

der allmählich wieder aus der Kirche hinausführt.

¶Besonderen Wert hat es,

wenn aus dem Besuch in der Kirche

ein Kontakt mit der Gemeinde werden kann.

Eine Einladung zum Gemeindeleben

in Form des Gemeindebriefes und aktueller Dinge

sollte vorrätig sein,

außerdem können ¶Bücher und ¶Verteilschriften helfen,

angestoßene Gedanken zu vertiefen.

Wenn ¶Postkarten da sind,

wird ganz sinnfällig, wie es aus der Kirche hinaus in die Welt geht.

Das Bild zeigt eine Kirche in England.

Ganz so unbefangen sollten wir gestalterisch nicht

mit unserer Kirche umgehen,

aber einen Eindruck von der Gemeinde verschafft das immerhin.

 

¶Ein Gästebuch wird immer wieder gerne genutzt,

und hilft Menschen, etwas von sich dazulassen.

Häufig schreiben Menschen hinein,

die eine Vorgeschichte mit der Kirche gehabt haben

und wieder mal da sind.

Oder es kommen Gebete hinein.

Manchmal leider auch Ärgerliches,

so dass auch diese Einrichtung der regelmäßigen Kontrolle bedarf.

 

¶Am Ausgang eine Opferbüchse oder ein Opferstock,

das ist ein umstrittenes Thema.

Manche empfehlen, alle Opferbüchsen abzunehmen

oder sie aufzumachen, damit keiner sie aufbricht.

Aber andererseits werfen dankbare Besucher doch immer wieder

auch gerne etwas hinein.

Viele Gemeinden machen die Erfahrung,

dass die Kosten der Kirchenöffnung durch die Einlagen

mehr als gedeckt werden.

 

Man sollte es also probieren.

Vielleicht mit einem Opferstock,

der wirklich schwer zu knacken ist wie dieser in Denkendorf.

 

Damit sind wir bei dem vor allem für Sie

als Hüter des Hauses wichtigen Frage

nach dem Schutz der Kirche vor Gefahren durch ungebetene Besucher. ¶

 

   Wenn aber? Schutz

 

¶Was ist, wenn ein Kruzifix gestohlen würde

¶oder ein Sprayer die Kirche verschandeln würde?

 

Ich möchte die Befürchtungen nicht verschweigen:

¶Nach unserer Erfahrung sind Spielereien von Jugendlichen

das Nächstliegende.

¶Oder dass Leute vespern und Abfall hinterlassen oder so.

¶Graffiti kommen eher außen als innen vor.

¶Diebstahl ist nicht auszuschließen.

¶Vandalismus bedeutet, dass Dinge beschädigt werden, z.B. Kerzen verunstaltet, Geländer verbogen oder ähnliches.

¶Rauchen kommt vor, wenn sich Jugendliche unbeobachtet fühlen,

Brandstiftung ist denkbar, wenn auch mir kein Fall bekannt.

 

So viel und noch mehr kann passieren.

¶Fakt ist allerdings, und das sagen alle Experten,

dass viel weniger passiert als man glaubt.

In aller Regel gibt es keine Probleme.

Auf die gesamte Zeit gesehen sind Vorkommnisse meistens Einzelnes

und der Schaden gar nicht groß.

 

Und Gegenmittel gibt es auch:

¶Natürlich wirkt es vor allem in Bezug auf die Jugendkindereien,

wenn eine Aufsicht da ist.

Die Aufsicht kann auch indirekt sein,

zum Beispiel dass eine Verbindungstür

zum Gemeindezentrum offen steht oder so.

Generell gilt:

Je weniger Zeit Menschen sich in der Kirche allein fühlen,

desto weniger passiert.

¶Belebung dient daher dem Schutz.

Je mehr Menschen die offene Kirche nutzen,

desto besser.

 

¶Interessant ist, dass Untersuchungen gezeigt haben,

dass brennende Kerzen für mehr Sicherheit sorgen.

Auch leise Musik sorgt für einen Haltungswechsel

bei Menschen, die in die Kirche kommen

und mehr Respekt.

Diebstähle und Vandalismus nehmen dann ab.

Dahinter steht, dass es nach mehr Leben in der Kirche aussieht

und vielleicht auch,

dass so eine Art Gefühl einer göttlichen Präsenz erzeugt wird.

(Diese Erfahrung machen Stadtkirchen,

ob es bei Dorfkirchen auch so ist,

in denen Besucher eher allein sind?)

 

¶Schließlich können spezielle Sicherungseinrichtungen schützen.

Ich habe mich dazu auf katholischer Seite kundig gemacht,

da es dort mehr geöffnete Kirchen gibt.

 

Was mir zuerst gesagt wurde, war,

dass weniger passiert, als man denkt.

 

Und wenn dumme Jungs etwas anstellen,

dann kann das durch eine Zeit spezieller Beobachtung

oder eine Zeit der Nichtöffnung meistens wieder abgewöhnt werden.

¶Das ist die Sicherung der Öffnungszeit mit Schlüssel und Schließanlage.

 

Baulicherseits operiert man in Kirchen nicht mit Raumwarnanlagen,

sondern mit ¶Einzelobjektsicherungen.

Das bedeutet: Die Kunstwerke, die geschützt werden müssen,

bekommen eine elektrische Leitung, die jede Erschütterung sofort meldet.

Zusätzlich gehört zur Einzelobjektsicherung ein mechanischer Schutz

in Form einer Abhängesicherung,

die eine schnelle Entfernung unmöglich macht.

Die Erfahrung auf katholischer Seite ist,

dass dieser Schutz zu 100 Prozent wirkt.

D.h. noch nie wurden in der Diözese Rottenburg-Stuttgart

so geschützte Objekte gestohlen.

 

Für Teile, die für Besucher nicht zugänglich sein müssen

und wo wertvolle Gegenstände zu schützen sind,

¶kommt eine Raumsicherung in Frage

in Form eines Bewegungsmelders,

der bei Betreten Alarm gibt.

Das wird öfter zum Beispiel für einen Chorraum gemacht.

 

Nicht gemacht wird die Überwachung des Raumes durch Video,

¶weil nicht dokumentiert werden soll, wer wann in der Kirche betet.

Insgesamt gehen die Verantwortlichen

in Kirchenleitungen das Thema recht angstfrei an.

Das wäre auch die Empfehlung an die Gemeinden.

 

¶Hier habe ich Ihnen noch ein Bildchen von zwei Engeln,

deren Rückkehr nach Diebstahl gefeiert wurde.

 

Nun kommen wir zum entscheidenden Punkt:

Wie steht es nun mit uns?

Sicher gibt es ja unter uns etliche, die mit einer geöffneten Kirche arbeiten.

Manche aber müssten sich das erst noch überlegen.

Wir und unsere Kirche?

Wollen wir sie öffnen?

 

Die Frage nach dem Wir ist damit gestellt.

 

   Wir? Betroffene

 

Gefragt ist damit,

ob unsere Kirche geöffnet wird

und wen die Kirchenöffnung seitens der  Gemeinde betrifft.

Der Gewinn für die andern ist sozusagen klar,

aber ob wir eine Kirche öffnen können,

hängt vom Aufwand und Einsatzwillen unsererseits ab.

Ein bisschen Wagnis gehört dazu.

 

Für solche, die an die Sache bisher noch gar nie gedacht haben,

stellt sich meist zuerst die Frage:

Ist unsere Kirche überhaupt interessant?

 

Ich lasse dazu einfach mal eine Reihe von Kirchen auftauchen.

Die Vielfalt macht deutlich,

jede Kirche ist irgendwie interessant.

Darauf kommt es allerdings für die Besucher gar nicht so an.

Besucher auf Tour spielen in einer ganz normalen Kirche

eher eine Randrolle.

 

Sie werden eher von den Gemeindegliedern besucht.

Die suchen nicht so das Besondere,

sondern das Andere, was sonst kein Raum im Ort bietet.

Deshalb möchte ich vom Gebäude her behaupten,

dass jede Kirche für eine Öffnung in Frage kommt.

 

¶Machen wir also auch ein paar Kirchen gleich auf.

Es gibt keine Kirche, die nicht offen sein könnte!

Meine These lautet:

Kaum eine Kirche muss müssen.

Es gibt nur ein paar wenige Kirchen in unserer Landeskirche,

die müssen offen sein,

aber keine, die zu sein muss.

 

Wenn es dann an die Menschen in der Gemeinde geht,

die die Kirchenöffnung betreffen könnte,

¶dann sind Sie als Mesnerinnen und Mesner diejenigen,

die am dichtesten dran sind

und als erste genannt werden müssen.

 

In der landeskirchlichen Ordnung für den Mesnerdienst wird

ein außergottesdienstliches Öffnen und Schließen

nicht erwähnt

und also nicht geordnet.

 

Beim Erhebungsbogen zur Arbeitszeitermittlung ist es drin.

Dort heißt es unter Punkt 23

„Schließdienste bei geöffneten Kirchen“:

„Der Zeitaufwand ist nach den örtlichen Gegebenheiten festzusetzen. (Faktor 1,4).“

Er beinhaltet „Nach Beschluss des Kirchengemeinderates zu bestimmten Zeiten die Kirche auf- und wieder zuschließen (tägliche Öffnungszeiten einhalten).“,

ferner je nachdem die „Organisation des Aufsichtsdienstes“ und Sonstiges.

 

¶Es ist deutlich,

dass es also natürliche Grenzen gibt,

was Mesnersleuten möglich ist und was nicht.

Kirchen zu öffnen bringt der Gemeinde zusätzliche Arbeit

und Mesnerinnen und Mesner sind auch dann betroffen,

wenn sie den Schließdienst nicht übernehmen müssen.

Viele können es auch gar nicht,

weil sie als Nebenamtliche die Zeiten dafür gar nicht einhalten können.

Wenn die Gemeinde eine Kirchenöffnung betreibt,

muss das in der Arbeitszeitermittlung und im Anstellungsumfang berücksichtigt werden.

 

¶Möglichkeiten bestehen freilich auch:

Für die geöffnete Kirche können Gemeindeglieder gewonnen werden,

die den Schließdienst übernehmen.

Für die Mesnerin bedeutet das, dass sie Teamchefin werden kann,

Aufsicht organisieren und anderes mehr.

Das mag den einen eher Lust machen,

anderen eher Sorgen.

Werde ich überfordert?

Reden mir zu viele andere in meine Sachen hinein?

Kann ich nicht mehr in Ruhe meine Arbeit tun?

 

Solche Fragen sind berechtigt und brauchen daher klare Regelungen.

Die Mesnerin und der Mesner sollen die ordentlich bestellten Haushüter bleiben.

Die Gemeindeleitung hat mit Ihnen zu klären,

was geht und was nicht,

und das dann gemeinsam mit Ihnen den Ehrenamtlichen gegenüber zu vertreten.

 

So kann es dann auch gut gehen.

Wenn Ehrenamtliche einen Kirchendienst übernehmen,

dann fangen sie vielleicht auch an, mehr vom Mesnerberuf zu verstehen.

Ihre Arbeit wird mehr geschätzt.

Es kann auch ein Vorteil sein,

mehr im Team arbeiten zu können und nicht so als Einzelkämpfer.

 

¶Für die Ehrenamtlichen gilt, was auch sonst bei Projekten in der Gemeinde gilt:

Man muss sie ¶finden, ¶ausbilden und ¶begleiten.

Das Finden geht zum Thema Kirchengebäude

manchmal leichter, als erwartet.

Und Ausbildungen zum Kirchenführer

oder Kirchenwächter gibt es inzwischen auch.

 

¶Schließlich spielt natürlich die Gemeindeleitung bei der Entscheidung eine Rolle,

ob die Kirche geöffnet sein soll und wie.

¶Der Kirchengemeinderat sollte sich überlegen,

was in der Gemeinde dran ist und ob die Kirchenöffnung dazugehört.

Die geöffnete Kirche gehört in ein Gesamtkonzept einer einladenden Kirchengemeinde.

 

¶Außerdem sind Rahmenbedingungen zu schaffen,

Sicherheitseinrichtungen zu beschaffen und andere,

meist kleinere Kosten einzuplanen.

Bei uns gibt es Gesangbuchwagen,

so dass man die Gesangbücher hinter das Gitter fahren kann,

die Tonanlage ist abschließbar,

die Lichtschalter sind weggeschlossen

und auf dem Altar liegt nicht die wertvolle Altarbibel.

 

¶Vor allem sollte die Gemeindeleitung hinter dem stehen,

wie Mesner und Ehrenamtliche die Kirchenöffnung organisieren.

 

Sonst ist niemand einzubinden.

Genehmigungen für eine geöffnete Kirche von oben bedarf es nicht

(je nachdem kann das für den Dienstauftrag des Mesners/der Mesnerin aber gelten).

Sie kann auch nicht befohlen werden.

Es bleibt eine freie Entscheidung vor Ort.

 

Dennoch macht es Sinn,

eine geöffnete Kirche in einen größeren Rahmen einzubinden.

Und dann kommen doch ¶viele Mitbetroffene in Frage:

Die Gesamtgemeinde, der Distrikt, der Bezirk, der historische Stadtrundgang,

eine Straße, wie zum Beispiel die „Straße der Romanik“,

ein Landkreis oder eine Themenlandschaft (zum Beispiel „evangelische Kirchen mit Kanzelaltar in der Hohenlohe“).

 

   Die Tür geht auf! Hinein und heraus

 

¶Jetzt sind wir gleich am Schluss.

Wenn wir so weit sind,

selbst begeistert sind für eine geöffnete Kirche

und die Idee Kreise zieht,

dann kann die Tür bald aufgehen.

Ich habe dazu noch geschrieben: ¶“hinein und heraus“.

 

Eine geöffnete Kirche,

das ist die Überzeugung, die dahinter steckt,

lässt nicht nur Menschen hinein,

sondern sie wirkt auch hinaus

ins Leben der Menschen und der Kirche.

¶Die belebte Kirche ist auch eine lebendige Kirche.

 

Damit möchte ich einen Punkt setzen

und jetzt die Frage in den Saal geben:

¶“Was meinen Sie dazu?“

Haben Sie Erfahrungen?

Haben Sie Wünsche und Hoffnungen?

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!